Das Verständnis der sekundären Eisenüberladung wurde wesentlich durch die Erfahrungen mit der Mittelmeeranämie (β-Thalassämie, Morbus Cooley) gewonnen. Deswegen soll im Folgenden die Situation bei der β-Thalassaemia major beschrieben werden. Die meisten Patienten mit β-Thalassaemia major werden zwischen dem 6. Lebensmonat und dem 2. Lebensjahr mit einer Anämie diagnostiziert, wenn die Umstellung von fetalem Hämoglobin F (α2γ2) auf adultes Hämoglobin A (α2β2) erfolgt ist. Nach Diagnosestellung wird mit der Transfusionsbehandlung begonnen. Entscheidend für die Behandlung der Thalassämie mit Transfusionen ist die Balance zwischen Eisenbelastung und einer wirksamen Suppression der ineffektiven Erythropoese. Hämolyse und ineffektive Erythropoese verursachen die Anämie, der jeweilige Anteil variiert bei den verschiedenen Formen der Thalassämie. Das Knochenmark von Patienten mit β-Thalassämie enthält etwa 5-6 mal so viel erythropoetische Vorläuferzellen wie das Knochenmark gesunder Personen und etwa 15 mal so viele apoptotische Zellen (2). Die beschleunigte Apoptose wird durch die Ablagerung freier alpha-Globinketten verursacht (3). Eine zu geringe Transfusionsfrequenz oder –menge führt zu einer Expansion der medullären und extramedullären Blutbildung. Die Folgen sind Knochendeformitäten mit typischen Veränderungen wie Bürstenschädel, prominenten Stirnhöckern und Kieferknochen, Prognathie, Ausdünnung der Kompakta und Hepatosplenomegalie (4-6). Regelmäßige Transfusionen verhindern dies und verbessern Wachstum und Entwicklung (7). Zudem führt die ineffektive, gesteigerte Erythropoese zur vermehrten intestinalen Eisenaufnahme. Zurzeit gilt ein Transfusionsregime, welches einen Hämoglobinwert von 9-10 g/dl prätransfusionem anstrebt als ideal. Mit diesem Regime wachsen Kinder besser, Hepatosplenomegalie und Knochendeformitäten sind geringer ausgeprägt (8).Abb. 1. Links: Bild eines 4-Jahre alten Mädchens mit unbehandelter ß-Thalassaemia major. Typischer Gesichtsschädel mit prominenter Maxilla und verbreiteter Nasenwurzel. Rechts: Gleiche Patientin im Alter von 29 Jahren (mit Ihren beiden Kindern). Transfusionstherapie ab dem 4.5 Lebensjahr. Chelattherapie mit ca. 7 Jahren, seither optimale Behandlung mit DFO. Erreicht wird dies bei den meisten Patienten mit Thalassaemia major durch 15-20ml/kg Erythrozytenkonzentrat in 3-4-wöchentlichem Abstand (Tabelle 1). In der Vergangenheit wurden Hypertransfusions-Schemata praktiziert, bei denen schon bei einem Hb-Wert unter 12 g/dl eine erneute Transfusion durchgeführt wurde (9). Solche Schemata führten zu einer raschen Eisenüberladung, die oft nur schwierig durch Deferoxamin zu kontrollieren war. Auf der anderen Seite sollte man gerade bei Kindern den Hb-Wert nicht zu weit abfallen lassen, um keine Hirnreifungsstörungen zu riskieren. Transfusionstherapie bei ß-ThalassämieTherapiebeginnHb < 8 g/dlBasis-Hämoglobin> 9-10 g/dlTransfusionsintervall3-4 WochenTransfusionsmenge15-20 ml/kg(Erythrozytenkonzentrat 60 %)Tab. 1:Richtgrößen bei der Transfusionstherapie bei ß-Thalassämie. Die Transfusionsgeschwindigkeit muss dem klinischen Zustand des Patienten angepasst werden. Bei neu diagnostizierten Patienten mit länger bestehender schwerer Anämie sollte eine vorsichtige und langsame Transfusion durchgeführt werden, um eine kardiale Belastung zu verhindern.Das Hauptrisiko der lebenslangen Transfusionstherapie besteht in der Eisenüberladung. Darüber hinaus kann es zur Alloimmunisierung kommen und Antikörper-Suchtests sollten einmal pro Jahr angefordert werden. Einige Behandlungszentren empfehlen deshalb die Verwendung von Präparaten, die bezüglich aller Rhesus-Antigeneidentisch sind. Solange bei einem CMV-negativen Patienten mit Thalassämie die Option für eine Stammzelltransplantation gegeben ist, sollten CMV-negative Erythrozytenkonzentrate transfundiert werden, um das Risiko der CMV-Reaktivierung nach Transplantation zu minimieren. Viele Patienten mit Thalassämie entwickeln im Laufe der Zeit eine ausgeprägte Splenomegalie. Der damit verbundene Hypersplenismus führt zu einem gesteigerten Transfusionsbedarf. Die Menge an verabreichten Erythrozytenkonzentraten in ml bzw. g sollte dokumentiert werden, bei einem Verbrauch über 250 ml/kg x Jahr kann eine Splenektomie indiziert sein (10). Nach vielen Jahren regelmäßiger Transfusionen gibt es bei einigen Patienten das Problem des venösen Zugangs. Gelegentlich wird dann die Implantation eines Port-a-Cath-Katheters notwendig. Die Hauptprobleme sind hier die Katheterinfektion und –obstruktion. Erstere lässt sich durch Vancomycin bzw. Teicoplanin behandeln, bei letzterer ist die Applikation von 5000-10000 E Urokinase in das Volumen des Porth-Systems wirksam. Wenn Ausbildung und Beruf geringe Fehlzeiten erforderlich machen, können die Transfusionen auch übernacht und am Wochenende verabreicht werden. Vor der Ära der Transfusionstherapie betrug die Lebenserwartung von Kindern mit homozygoter ß-Thalassämie oft nur wenige Jahre. Es kam zu schweren Knochendeformitäten, massiven Hepatosplenomegalien und Tod durch Herzversagen. Mit regelmäßigen Transfusionen kann nicht nur die Anämie behandelt werden, sondern es läßt sich auch den orthopädischen Problemen vorbeugen. Allerdings kommt es ohne Chelatortherapie zu endokrinen Folgeschäden, Leberfibrose und –zirrhose und die meisten Patienten versterben in der zweiten Lebensdekade an einer Herzinsuffizienz infolge der kardialen Hämosiderose (11). Literatur1.Use of blood products for elective surgery in 43 European hospitals. The Sanguis Study Group. 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TransfusionstherapieDie Bluttransfusion ist bei kritischem Blutverlust oder bei lebensbedrohlichem Mangel an Blutbestandteilen nach wie vor eine lebensrettende und unverzichtbare Methode der Medizin. Als allgemeiner Grenzwert für die gegebene Indikation für einen Bluttransfusion gilt in Deutschland seit vielen Jahrzehnten ein Hämoglobinwert von 10 g/dl, obwohl die von der EU-Kommision beauftragte SANGUIS-Studie (1994) diesen Wert als zu hoch einschätzt (1). In dem hier diskutierten Zusammenhang wird eine chronische Transfusionstherapie bei Blutkrankheiten in dem Sinne einer Blutbildungsstörung (Anämien, hämatologische Neoplasien, Aplastische Anämien) eingesetzt.
Eisenchelatortherapie
Subkutane Therapie mit Desferal mit einer kleinen Pumpe meist über Nacht.